

Globale Autoindustrie schlittert tiefer in die Krise - Hersteller aus China legen zu
Geopolitische Umwälzungen, eine schwache Nachfrage nach Elektroautos - und Errungenschaften der Vergangenheit, die sich inzwischen als "Ballast" entpuppen: Die globale Autoindustrie steht nach Angaben des Beratungsunternehmen EY weiter vor massiven Herausforderungen. Im zweiten Quartal habe sich der Gewinnrückgang der größten Autokonzerne der Welt "sogar beschleunigt", teilte EY am Sonntag mit. Nur chinesische Hersteller entwickelten sich besser.
Die 19 größten Autokonzerne der Welt verzeichneten im zweiten Quartal einen Gewinneinbruch um 55 Prozent, erklärte EY unter Verweis auf eine Analyse der Finanzkennzahlen der Unternehmen. Im gesamten ersten Halbjahr schrumpfte deren Gewinn demnach um 49 Prozent.
Besonders deutlich seien die Rückgänge bei Renault, Nissan, der Opel-Mutter Stellantis und Mazda ausgefallen, die im ersten Halbjahr in die Verlustzone rutschten. Die deutschen Autokonzerne verzeichneten laut EY insgesamt ein Gewinnminus von 38 Prozent, bei den US-Herstellern betrug der Rückgang 43 Prozent.
Chinesische Hersteller hätten sich hingegen "insgesamt leicht positiv" entwickelt: Geely, Great Wall Motor und BYD steigerten der Auswertung zufolge ihren Gewinn im ersten Halbjahr zusammen um ein Prozent. Auch bei der Umsatzentwicklung lagen die chinesischen Autokonzerne laut EY mit einem Umsatzplus von 20 Prozent vorn, "wenn auch noch mit kleineren Gesamtvolumina".
Die deutschen Konzerne verzeichneten ein Umsatzminus von vier Prozent, die US-Konzerne schrumpften um zwei Prozent, Stellantis und Renault zusammen um neun Prozent.
Auch bei den Margen - also vereinfacht gesagt dem Gewinn, der nach Abzug der Kosten vom Umsatz übrig bleibt - sieht es bei vielen Autobauern derzeit nicht rosig aus: Sieben der untersuchten Hersteller lagen laut EY bei der Marge im zweiten Quartal bei unter drei Prozent, vier hätten "sogar eine negative operative Marge" erwirtschaftet. Am profitabelsten waren im ersten Halbjahr demnach der japanische Autokonzern Suzuki mit einer Marge von 10,4 Prozent, der südkoreanische Autobauer Kia (10,1 Prozent) und Toyota (9,3 Prozent); BMW liegt mit einer Marge von 8,6 Prozent auf Rang vier.
"Die etablierte westliche Autoindustrie steckt in einer tiefen und strukturellen Krise", erklärte EY-Automarktexperte Constantin Gall. "Die Gewinne brechen ein, weltweite kriegerische Konflikte, eine schwache Konjunktur in Europa sowie hohe Zölle führen zu Milliardeneinbußen", fügte er hinzu. "Zudem verkaufen sich Elektroautos deutlich schwächer als angenommen und auf wichtigen Absatzmärkten herrscht ein ruinöser Preiswettbewerb."
Die meisten westlichen Konzerne kämpften außerdem "mit hohen Verwaltungskosten und ihrer eigenen historisch gewachsenen Struktur - was in der Vergangenheit der Garant für Erfolg war, ist heute Ballast", führte Gall weiter aus und nannte als Beispiele "komplexe und kostspielige" Prozesse für Forschung und Entwicklung (F&E) sowie "globale und vernetzte Produktionslandschaften, die im Lichte der neuen geopolitischen Spannungen nun zum Problem werden".
Im Gegensatz hierzu könne insbesondere die jüngste Generation chinesischer Autobauer deutlich schneller agieren: "Sie ziehen auf der grünen Wiese in Rekordzeit hochautomatisierte Fabriken hoch und entwickeln dank durchdigitalisierter F&E-Prozesse einige wenige Modelle - sehr viel schneller und günstiger als ihre westlichen Wettbewerber es je könnten“.
E.Taha--CdE